Fake-Bewertungen, -Likes und -Follower: So funktioniert der Handel mit dem Vertrauen
Veröffentlicht: 20. November, 2017 | Aktualisiert: 22. September, 2020Das Warten hat ein Ende: Endlich geht sie los, die heiß ersehnte Urlaubsreise. Die Bewertungen des Hotels versprechen eine Entspannungsoase mit Wohlfühlflair und mit dem Flieger steigt auch die Vorfreude ins Unermessliche. Einreise, Flughafentransfer und Check-in im Hotel - die Formalitäten möchten schnell erledigt sein, damit Sie schnellstmöglich die Beine bei einem guten Buch hochlegen, die Wanderschuhe für eine spannende Bergtour anziehen oder direkt in das kühle Nass springen können.
Doch dann läuft alles anders als erhofft; das Personal wirkt genervt, auf dem Laken finden Sie Haare, aus dem Bad fliegen Ihnen Insekten entgegen und aus Ihrem Fenster erblicken Sie die Urlaubshölle auf Erden – eine laute Baustelle. Das aufgrund der durchweg positiven Kundenrezensionen ausgewählte Resort entspricht nicht einmal ansatzweise dem, was es versprach – da kommt keine Urlaubsstimmung auf. Ist denn auf Kundenempfehlungen kein Verlass mehr?
Ein genauerer Blick auf die Bewertungsabsender enthüllt durchweg Namen wie „sonnenschein30“ oder „karatekid34.“ Das klingt schon eigenartig, wenn nicht gar verdächtig, verdächtig nach Betrug.
Nachdem wir bereits in zwei Blogbeiträgen erläutert haben, wie man Fake-Bewertungen erkennt, was wir dagegen tun und ein Interview mit dem Fachanwalt Karsten Gulden zum Thema Fake-Bewertungen geführt haben, schauen wir uns diesmal den Markt für gekaufte Likes, Follower und Fans genauer an.
Ob Freiberufler, Groß- oder Kleinunternehmen, Influencer oder gar Parteien und Privatpersonen; sogenannte Marketingdienstleistungen in Form von gekauften Kundenrezensionen, Likes, Klicks oder Kommentaren auf sozialen Netzwerken erfreuen sich scheinbar immer größerer Beliebtheit. Erst kürzlich ging die Lifestyle-Bloggerin Vreni von neverever.me auf die Barrikaden und trat ein umfangreiches Medienecho los, indem sie zugab, Instagram-Follower gekauft zu haben und die Machenschaften der Fake-Industrie öffentlich genauer unter die Lupe nahm. Wie genau der Handel mit Fake-Bewertungen, -Likes und Followern funktioniert, welche Formen von Bewertungs- und Profil-Tuning es gibt und wie sich das Ganze rechtlich darstellt, haben wir einmal für Sie analysiert.
Was genau kann erworben werden?
Grundsätzlich ist alles möglich: ob Kundenbewertungen, Likes, oder Follower und sogar Kommentare sind über diverse Webseiten käuflich zu erwerben. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Ähnlich verhält es sich mit der Namensgebung genannter Dienstleistungen: „Review-“ und „Rating-Management“ lauten die Zauberwörter, obwohl hier nichts gemanagt, sondern nur gekauft wird. „Ranking-“ und „Sales Booster“, „Social Media Marketing“ - im Anglizismus-Bingo gewinnt man auf diesen Seiten schnell.
„Wenn Sie Bewertungen kaufen, können Sie dem ein Ende setzen, [dass] nur solche Kunden eine Bewertung schreiben, die eine negative Erfahrung gemacht haben“. So oder so ähnlich buhlen einschlägige Verkäufer um ihre Kunden. Keine Frage, um positive Bewertungen müssen sich Anbieter in der Tat bemühen. Nutzen doch vor allem unzufriedene Kunden ihre Zeit, um eine negative Bewertung abzugeben. Die angepriesene „ansprechende und ehrliche Reputation“ ist allerdings nicht käuflich. Dafür benötigt es den ehrlichen und aktiven Umgang mit den Kunden. Holt man aktiv authentische Bewertungen ein, lassen sich durchschnittlich 77% weniger negative Bewertungen verbuchen, als wenn man sich nicht um das Thema Bewertungen kümmert. Zudem ergab eine interne Umfrage unter den ProvenExpert-Kunden, dass sich mit nur 15 Minuten Zeitaufwand pro Woche für das eigene Bewertungsmanagement der Umsatz steigern lässt – und zwar indem man ehrliche Bewertungen einholt. Der Bewertungskauf ist also gar nicht nötig.
Derartige Fake-Sortiment-Dienstleistungen können sowohl über lange Zeit, als auch über einen begrenzten Zeitraum in Anspruch genommen werden. Manche Unternehmen scheinen dabei zu vergessen: Gekaufte Follower lassen sich auf verschiedenen Plattformen mit Fake-Erkennungs-Tools wie influencerdb aufspüren.
In der Bloggerszene haben sich außerdem in entsprechenden Netzwerken Tauschgeschäfte etabliert. Nach dem Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ werden hier neue Klicks generiert. Dies ist folglich mit hohem Aufwand verbunden, denn wer kein Geld in die Hand nehmen möchte, erntet ohne Fleiß keinen Preis.
Wer es sich hingegen gerne etwas kosten lässt, ist für 100 Facebook Likes schon ab 1,90€ mit dabei. Da kann es schon mal passieren, dass deutsche Facebook-Seiten zu 70% von "Fans" aus dem arabischen Raum geliket werden. Etwas tiefer in die Tasche greifen muss man für Likes von deutschen Accounts; für 39€ sind bei einem anderen Anbieter bis zu 222 Fans erhältlich. Für 1000 Instagram Follower zahlt man Beträge ab 6,90€, und für 22 deutsche YouTube-Kommentare ist man für 19€ im Geschäft. Die „echten“ Kundenrezensionen für Amazon sind schon hochpreisiger angesetzt, so kosten drei Kundenrezensionen auf Amazon ab 29,95€, fünf + fünf verifizierte Bewertungen liegen bei 189,95€. Wer bei derartigen Geschäften der eigentliche Gewinner ist, wird da schnell klar – es sind die Verkäufer der „Fake-Ware“.
Fake-Likes und -Follower für mehr Erfolg? Keineswegs.
Natürlich drängt sich die Frage auf, was gekaufte Likes und Follower eigentlich wert sind. Das lässt sich für einzelne Websites messen und je nach Umfeld, Angebot, Seriosität und anderen Faktoren, versprechen sich die Unternehmen von vielen Likes und Followern bis zu 50 Prozent mehr Erfolg.
Was Facebook betrifft, bewahrheitet sich jene Erfolgsprognose nur bedingt bis gar nicht. Entscheidend für eine Erfolgssteigerung ist nämlich die Reichweite von Inhalten. Übersetzt heißt das: das Erzielen vieler Likes und Follower trägt nur dann Früchte, wenn Statusmeldungen auch auf der Startseite (= Newsfeed) jener Nutzer erscheinen. Der Algorithmus von Facebook filtert alle Beiträge, um den Nutzern die für sie relevanten Inhalte sichtbar zu machen. Gekaufte Follower suggerieren zwar eine höhere Bekanntheit, aber nur echte Fans und Kunden interagieren auch mit den Beiträgen der Facebook-Seite. Fake-Fans schwächen eher den Engagement-Wert der Seite. Wer also viele inaktive (gekaufte) Follower hat, wird vom Algorithmus als wenig relevant eingestuft und hat es daher schwerer, im Newsfeed der echten Fans platziert zu werden. Mit den Algorithmen von Twitter, Instagram, YouTube usw. verhält es sich ähnlich und sie werden besser gehütet als Großmutters heiß geliebtes Käsekuchenrezept. Dass eine Statusmeldung einem gekauften Fan angezeigt wird, der geografisch weit entfernt von Unternehmen oder Produkt lebt, keine dazu passenden Gewohnheiten zeigt und ohnehin nie mit Beiträgen interagiert, bringt dem Unternehmen nichts. Die Wahrscheinlichkeit, dass echte Fans von den Informationen profitieren, sinkt. Die eigene Seite hat dann zwar mehr gekaufte „Fans“, ist für die entsprechende Plattform aber nicht unbedingt relevanter geworden.
Kundenbewertungen: Ehrlichkeit zahlt sich aus
Gerade im Bereich der Kundenbewertungen geht es vor allem um Vertrauen und Authentizität. Wenn potenzielle Kunden keine negativen Bewertungen zu einem Unternehmen oder einer Dienstleistung finden, halten 95 Prozent von ihnen die Bewertungen für verfälscht oder zensiert. Negative Bewertungen sind nicht nur die meistgeklickten Inhalte einer Website, sie werden auch dreimal so oft aufgerufen, wie die von Kunden als „hilfreichste Bewertungen“ deklarierten. Erwiesenermaßen sind 4,5 von 5 Sternen also glaubwürdiger, als 5 von 5 Sternen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Kunden wissen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Zudem kann ein Unternehmen oder Produkt schlichtweg nicht jedem Einzelnen zu hundert Prozent gerecht werden. Dazu sind Menschen und deren Bedürfnisse einfach zu unterschiedlich.
Das soll auch so sein, denn wer die Bedeutung von Kundenfeedback für das eigene Marketing verstanden hat, weiß mit negativen Bewertungen umzugehen. Mit einer professionellen Reaktion auf negative Bewertungen sowie Wertschätzung gegenüber dem Kunden können Missverständnisse aufgeklärt und Kritiker zu echten Fans gemacht werden. Eine negative Bewertung, auf die professionell reagiert wurde, kann also für das Unternehmens-Image sehr förderlich sein.
Was kann passieren, wenn man Bewertungen oder Likes kauft?
Eines direkt vorweg: Bei ProvenExpert werden Bewertungen technisch und redaktionell geprüft. Sollten Fake-Bewertungen auffallen, werden diese gelöscht. Ertappen wir Käufer von Fake-Bewertungen, werden diese ermahnt und ggf. von unserer Plattform ausgeschlossen. Das gilt auch für Dienstleister, die den Kauf von Fake-Bewertungen anbieten.
Übrigens: Haften möchten die Vermittler von Fake-Bewertungen und Likes für die angebotenen Dienstleistungen generell nicht. Die Verantwortung übernimmt somit immer der Profilinhaber mit Inanspruchnahme der Dienstleistung.
Auch YouTube hat längst auf das Phänomen reagiert und darum lohnt es sich, als Nutzer den Beitrag zum Thema einmal näher anzusehen. Dernn auch der Kauf von Videoaufrufen ist hier nämlich ausdrücklich untersagt und entsprechende Videos werden bei etwaiger Aufdeckung seitens YouTube gelöscht.
Doch sind Fakes überhaupt als solche erkennbar?
Tipp:Woran man Fake-Bewertungen erkennt, haben wir für Sie hier zusammengestellt.
In der Tat gibt es unzählige Fake-Likes-/Fake-Follower-Checks. Wie zuverlässig diese jedoch sind, ist ungewiss. Denn sie zeigen lediglich Auffälligkeiten, wie zum Beispiel die Herkunft oder den Entstehungszeitraum von Klicks. Außerdem können auch einfach neue Verlinkungen oder Kampagnen hinter sprunghaften Veränderungen stecken, es ist also auch hier nicht immer so einfach, wie man auf den ersten Blick glauben mag. Ein Blick in die Listen von Fans und Followern lohnt allerdings. Meist lassen sich Ungereimtheiten eben doch ziemlich schnell erkennen.
Fazit: Fake-Bewertungen führen nicht zum Erfolg
Kundenbewertungen haben nur dann eine positive Werbewirkung, wenn sie auf tatsächlicher Leistung basieren. Entspricht Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht dem, was Ihre Bewertungen andeuten, werden Sie Ihre Kunden langfristig nicht überzeugen. Wir optimieren regelmäßig unsere Qualitätssicherung. Der Fake-Markt befindet sich durch höhere Sicherheitshürden der Plattformen und sensibilisierte Verbraucher im Wandel. Die Verbraucher sind mittlerweile durch Aktionen wie die der Bloggerin Vreni und auch durch das gesamte Thema Fake-News sensibilisiert und erkennen Fake-Bewertungen immer besser als solche. Immer häufiger werden Fan- und Follower-Käufe aufgedeckt und zu einer umfangreichen PR-Pleite für die Schummler. Letztlich wussten wir schon immer: Lügen haben kurze Beine.
Möchten Sie mehr Kontrolle über Ihre Bewertungen? Nehmen Sie jetzt mit ProvenExpert Ihre Reputation selbst in die Hand.